Im Rahmen des Programms „nun – neue unentdeckte narrative“ haben wir uns Mitte Dezember mit einer Gruppe von sieben Chemnitzer Vertreterinnen aus öffentlichen Kultureinrichtungen sowie der freien Kulturszene auf den Weg nach Ungarn gemacht. Auf der Reise haben wir uns mit Kulturschaffenden wie Krétakör, Trafó – House of Contemporary Arts Budapest oder der OFF-Biennale getroffen und die „offiziellen Narrative“ Ungarns erkundet. Wie ist die aktuelle Situation? Dieses Frühjahr sind Parlamentswahlen in Ungarn. Die rechtsextreme Partei Jobbik stilisiert sich als Oppositionsführerin aus der Mitte. Kritiker der Fidesz-Regierung sind gespalten darüber, ob sie auf den Zug aufspringen oder nicht. Es gibt keine Zensur in Ungarn, aber Kunstschaffende, die direkte Kritik an der Fidesz-Regierung äußern, werden zum Schweigen gebracht. Ihre Verträge in staatlich finanzierten Kulturinstitutionen wurden nicht verlängert, sie erhalten keine finanzielle Unterstützung und sind von Fördertöpfen aus dem Ausland abhängig. Ihre Buchhaltung unterliegt langwierigen Finanzaudits, ihre Arbeiten und sie als Personen werden öffentlich dämonisiert.Die Perspektiven und Antworten von Kulturschaffenden auf diese Situation sind verschieden. Was wir auf der Reise gelernt haben? Möglichkeitsräume dann nutzen, wenn sie da sind. Die Solidarität unter Kulturschaffenden stärken. Die Verschiedenheit der Ansätze wertschätzen. Projekte außerhalb des Elfenbeinturms ansiedeln, die Akteure untereinander vernetzen, die Bevölkerung einbeziehen und Räume der Begegnung in fragmentierten Gesellschaften schaffen, soziale Fragestellungen und Tabuthemen in den Fokus nehmen, abstrakte Themen wie Menschenrechte künstlerisch übersetzen. Lokalen Initiativen auf europäischer Ebene den Rücken stärken.

Welche „offiziellen Narrative“ prägen die Geschichten von Umbruch und Wandel in Ungarn? Wir haben die Zeit genutzt, um die offizielle Erinnerungspolitik Ungarns zu erkunden. Zum einem im Memento Park außerhalb von Budapest, in dem 42 für die Zeit des Sozialismus als emblematisch bezeichnete Denkmale zu sehen sind. Zum anderen im Haus des Terrors, in welchem die Zeit des Faschismus („Pfeilkreuzer“) mit der Zeit des Sozialismus in eine kausale und personelle Linie gesetzt wird. Auffällig ist das allumfassende Narrativ des Opfers und der Besatzer von außen. Die Identität des Ungarischen wird weniger in Bezug auf nationale Symbole konstruiert, sondern stark über die Dämonisierung des Anderen, des Außen, des Besatzers.Wir nehmen viele Impulse und spannende Kontakte mit von der Reise.

Ein ausführlicher Einblick in unsere Gespräche und Diskussionen folgt bald.

Autorin und Kontaktperson: Jane Viola Felber, Projektleiterin „neue unentdeckte narrative“

 

Gefördert vom im Rahmen des Bundesprogramms