Für die Weiterentwicklung unseres Modellprojektes nutzen wir Fokusgruppen. Dabei handelt es sich um Gruppeninterviews mit spezifisch ausgewählten Teilnehmenden. Wir setzen sie beispielsweise ein, um neue Kulturformate auf ihre Wirkung oder Zugänglichkeit zu überprüfen:

Wie wird ein Theaterstück zum Thema Vertragsarbeiterinnen von Menschen aus der Community aufgefasst?

Wie leicht können Menschen mit Beeinträchtigung barrierefreie Angebote wahrnehmen?

Das Erreichen von verschiedenen Zielgruppen ist ein wichtiges Thema für uns. Es ist nicht immer leicht, passgenaue Angebote für alle Menschen gleichermaßen zur Verfügung zu stellen. Daran möchten wir im Laufe der kommenden Jahre arbeiten – und Fokusgruppen dazu nutzen, Bedürfnisse, Perspektiven und Lebenswirklichkeiten verschiedenster Menschen noch besser zu verstehen. So können wir unsere Aktionen und Angebote daran anpassen.

Befragung zu barrierefreier Webausstellung

Unsere erste Fokusgruppe fand im Juni 2021 mit einer kleinen Gruppe blinder und sehbeeinträchtigter Menschen statt. Das Interview wurde in Kooperation mit der Inklusionsexpertin Sandra Plessing durchgeführt. Wir haben mit der Gruppe zur barrierefreien Variante der jetzt neu veröffentlichten Webausstellung „Offener Prozess“ gesprochen. Wir haben insbesondere über Übersichtlichkeit und Klarheit gesprochen, die u.a. bei der Bilderbeschriftung essenziell ist, wenn Screenreader zum Einsatz kommen. Andere Themen waren Typographie, Farb- und Layoutgestaltung, die die Leserlichkeit bei Menschen mit Sehbeeinträchtigung erleichtern können.

Das Feedback der Fokusgruppe ist anschließend in die Fertigstellung und Weiterentwicklung der Digitalen Ausstellung „Offener Prozess“ mit eingeflossen.

Wieso Fokusgruppen wichtig sind

Innerhalb und außerhalb unserer Organisation möchten wir verschiedene Ausschlussmechanismen sichtbar machen und ein Zeichen gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit setzen. Dabei befinden wir uns in einem ständigen Lernprozess. Nicht immer bringen wir die Erfahrung oder den Bezug zu einer bestimmten Lebenswirklichkeit mit, die erforderlich wären, um Betroffenenperspektiven sensibel darzustellen. Deshalb arbeiten wir mit Kooperationspartner:innen zusammen, die jene Kompetenzen mitbringen. Fokusgruppen sind dabei eine wichtige Ergänzung. Denn die Ergebnisse einer Fokusgruppe liefern Einblicke in gruppenspezifische Wahrnehmungen (Schröter & Zwick 2012: 25). Die Gruppe kann dabei als Korrektiv in einer laufenden Produktion wirken und wichtiges Feedback geben. Die Diskussionen können aber auch explorativ gestaltet werden – und so neue Erzählungen und Überraschendes ans Tageslicht bringen (Schröter & Zwick 2012: 26), wenn die Produktion noch in der Entstehung ist.

Für uns liegt die Stärke von Fokusgruppen einerseits im explorativen Charakter, andererseits in gezielten Fragestellungen, mit denen wir arbeiten können. Um unserem Ziel von Vielfaltsgestaltung und neuen Narrativen einen Schritt näher zu kommen, möchten wir weitere Fokusgruppen durchführen und uns mit unterschiedlichen Menschen ins Gespräch begeben.

 

Quelle: Schröter/Zwick (2012): „Konzeption und Durchführung von Fokusgruppen am Beispiel des BMBF-Projekts ‚Übergewicht und Adipositas bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen als systemisches Risiko’“, in Mack, Schulz, Renn: Fokusgruppen in der empirischen Sozialwissenschaft (S. 24-48).